„Die Weltachse dreht sich nicht um die Finanzindustrie. Vielmehr sind Innovationen zur Deckung elementarer Bedürfnisse gefragt“, hatte der Präsident des Genossenschaftsverbands, Michael Bockelmann, die inhaltliche Ausrichtung vorgegeben. Die Teilnehmer erlebten eine ebenso kurzweilige wie aufschlussreiche Diskussion rund um das Thema des Wirtschaftstags: „Technologieschub für den Weltmarkt – Innovationsschmiede Mittelstand“.
Doch zunächst interessierten die Euro-Beschlüsse von Brüssel sowohl die Gäste als auch die Moderatoren Udo van Kampen und Carola Ferstl. Mit Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Rösler hatten sie einen Gesprächspartner, der aus erster Hand berichten konnte.
„Wir sind auf einem guten Weg, obwohl viele Details noch geklärt werden müssen“, sagte der FDP-Politiker. Die Euro-Zone habe ihre Handlungsfähigkeit bewiesen. Nun sei es wichtig, die Akzeptanz der Bürger für all diese Rettungsmaßnahmen zu sichern. Hierzu gelte es, die Frage zu beantworten, wohin sich Europa entwickeln soll. „Wir wollen mehr Integration und ein Europa der Stabilität. Eine einheitliche Regierung ist jedoch keine Garantie, künftige Probleme zu vermeiden“. Wichtig erscheint dem FDP-Politiker ein permanenter Test der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Euro-Länder – verbunden mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten.
Ebenso differenziert wie die Lösungen in der Euro-Krise müssten auch die Antworten auf die Herausforderungen der Mobilität der Zukunft ausfallen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Dr. Dieter Zetsche. „Wir setzen daher auf einen Antriebsmix aus Verbrennungsmotoren, Wasserstoffantrieb und Elektromotoren“. Die Automobilindustrie bleibe zwar eine Wachstumsbranche. „Dennoch müssen auch wir uns warm anziehen“. Autos würden künftig nachhaltiger, aber nicht langweiliger.
Der schnelle Ausstieg aus der Kernenergie habe die E.ON AG „kalt erwischt“, räumte das Vorstandsmitglied Professor Dr. Klaus-Dieter Maubach ein. Eine der Konsequenzen bestünde darin, noch stärker auf erneuerbare Energien zu setzen. Um die ehrgeizigen Energieziele der Bundesregierung umzusetzen, müssten Leitungen quer durch Deutschland errichtet werden. Eine sichere und bezahlbare Energieversorgung sei notwendig, damit weiterhin in Deutschland investiert werde.
Die Energiewende komme von unten. Sie werde von den Kunden und Kommunen durchgesetzt. Davon ist Matthias Willenbacher, Vorstand der mittelständischen „juwi Holding AG“, überzeugt. Die Energieversorgung werde in jedem Fall künftig teurer. Deshalb erscheine es notwendig, auf Energielieferanten wie die Sonne oder Wind zu setzen, die kostenlos zur Verfügung stünden.
Das nachdenkliche Thema „Ethik der Innovation“ stand im Mittelpunkt einer weiteren Diskussionsrunde. Innovationen setzten Qualifikation und Neugierde voraus, sagte Professor Dr. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Münchner Fraunhofer-Gesellschaft. Im Schnitt seien mittelständische Unternehmen doppelt so innovativ wie Großbetriebe. Das kann Professor
Dr. h.c. Ludwig Georg Braun, Vorsitzender des Aufsichtsrats der B. Braun Melsungen AG, nicht verwundern: „Mittelständler sind einfach näher am Kunden. In Großbetrieben sterben leider viele gute Ideen“.
„Technologieführer in den Märkten zu morgen“ lautete das Thema der letzten Diskussionsrunde. Zu diesen Technologieführern gehört die Deutsche Bahn AG. Vorstandsvorsitzender Dr. Rüdiger Grube machte die Komplexität dieses Verkehrsmittels deutlich: „Wir haben in Deutschland ein Verkehrsnetz von 34.000 Kilometern und transportieren pro Jahr so viele Menschen wie China und Indien Einwohner haben“. Grube unterstrich, zu den Standortvorteilen Deutschlands gehöre die Planungs- und Investitionssicherheit. Sie gerate in Gefahr durch die Auseinandersetzungen um „Stuttgart 21“, was nicht zuletzt auch ausländische Investoren abschrecke.
„Keine Angst vor Asien“ hat Julia Esterer, Geschäftsführerin der Dr.-Ing. Ulrich Esterer GmbH & Co. Fahrzeugaufbauten und Anlagen KG: „Deutschland hat eine fantastische Infrastruktur“. Allerdings müsse der Standort Deutschland mit mehr Visionen leben und die Bildungspolitik optimieren.
Am Ende des Wirtschaftstages ging es noch einmal um die Euro-Krise. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Martin Schulz, plädierte für eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung. Es dürfe nicht sein, dass die Höhe der Ausgaben zur Messzahl der politischen Popularität werde.