Auf dem Wirtschaftstag der Volksbanken und Raiffeisenbanken, dem mit rund 2.500 Teilnehmern größten Unternehmertreffen Deutschlands, diskutierten Politiker, Unternehmer, Manager und Wissenschaftler das Thema „Europa zwischen Währung und Union“.
VR Bank Main-Kinzig-Büdingen eG mit Unternehmern beim Wirtschaftstag 2013
Nach der überraschenden Leitzinssenkung der EZB sprach Weidmann zur aktuellen Lage in der Euro-Zone
Lockere Zinspolitik birgt Risiken
Die ultralockere Zinspolitik der führenden Notenbanken sei kein Ersatz für Strukturanpassungen, die in einigen Euro-Staaten nach wie vor erforderlich seien. Vor dem Wirtschaftstag der Volksbanken und Raiffeisenbanken betonte der Präsident der Deutschen Bundesbank, Dr. Jens Weidmann, die expansive Geldpolitik berge das Risiko, dass die Politik auf das Wirken niedriger Zinsen vertraue und sich nun zurücklehne.
Er könne die Sorgen der deutschen Sparer, die über eine „schleichende Enteignung“ infolge der niedrigen Zinsen klagten, aber durchaus verstehen. Deshalb dürften negative Realzinsen kein Dauerzustand werden. Die Geldpolitik sei nicht eine Gefangene der Politik oder der Finanzmärkte. Niedrigzinsen seien kein Dauertherapeutikum, unterstrich der Bundesbankpräsident. Er rechne nicht mit einem Deflationsszenario. Gleichwohl werden die Anpassungsprozesse in vielen Staaten der Euro-Zone nach Ansicht des Bundesbankpräsidenten noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Energiepolitik ein zentrales Thema
Das zweite zentrale Thema des Wirtschaftstags war die künftige Energiepolitik. EU-Energiekommissar Dr. Günther Oettinger äußerte die Sorge, die Energiepreise in Deutschland gefährdeten zunehmend die industriellen Arbeitsplätze. Die deutschen Strompreise gehörten zu den höchsten der Welt und würden in den nächsten Jahren jeweils um sechs bis zehn Prozent steigen. Wenn die Bundesrepublik weiter gut aufgestellt bleiben wolle, müsse mehr Wert auf Innovationen, Industrie und Infrastruktur gelegt werden.
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, äußerte sich enttäuscht zu den laufenden Koalitionsverhandlungen in Berlin: „Ich mache mir Sorgen um den Industriestandort Deutschland. Wir machen derzeit die Rolle rückwärts“. Grillo forderte, den Prozess der De-Industrialisierung in Europa zu stoppen und einen Prozess der Re-Industrialisierung anzustoßen. „Deutschland darf nicht schwächer, andere müssen stärker werden“, sagte der BDI-Präsident.